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Digitales BGM: Was steckt hinter dem Trendthema und welche Potenziale besitzt es?

Philipp Kochan

Last updated on 23. Juli 2021

Die Digitalisierung macht weder vor der Arbeit noch vor der Freizeit halt. Da scheint es nur konsequent, dass auch das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) immer digitaler wird. In diesem Artikel erfährst du, was unter digitalem BGM zu verstehen ist, welche Potenziale das Trendthema besitzt und welche konkreten Anwendungsfälle in der Praxis denkbar sind.

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement verfolgt das Ziel die Gesundheit von Mitarbeitenden systematisch zu verbessern oder mindestens zu erhalten. Dafür werden Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze, Strukturen und Prozesse hinsichtlich ihrer Auswirkungen und Risiken auf die körperliche und geistige Gesundheit analysiert und optimiert.

Das digitale Betriebliche Gesundheitsmanagement bedient sich dabei computergestützter Gesundheitslösungen. Mit diesen lassen sich erfasste Gesundheitsdaten digital verarbeiten, die Gesundheitskommunikation erleichtern und Präventionsmaßnahmen zeit- und ortsunabhängig nutzen. Bei richtiger Anwendung ergibt sich durch das digitale BGM eine enorme Erleichterung bei der Gesundheitsförderung, von der sowohl kleine als auch große Betriebe profitieren.

Vorteile für kleine und große Unternehmen

Für Klein- und Kleinstbetriebe ist es oft nicht einfach Betriebliches Gesundheitsmanagement zu betreiben, obwohl sie das häufig durchaus wollen. Diesen Betrieben fehlen meist schlicht die personellen und manchmal auch die finanziellen Ressourcen.

Mittelständler und Großkonzerne hingegen sehen sich mit anderen Herausforderungen konfrontiert. Sie haben das Betriebliche Gesundheitsmanagement längst als strategischen Erfolgsfaktor erkannt, besitzt meist jedoch verschiedene nationale und internationale Standorte, auf die sich die Belegschaft verteilt. Hinzu kommt das viele Mitarbeiter:innen vermehrt von Zuhause aus arbeiten.

Für all diese Probleme kann das digitale BGM eine Lösung sein, auch wenn es das konventionelle BGM nicht vollständige ersetzen kann. Gesundheitsvorsorge hat schließlich viel mit physischer Haltung, Bewegung und Ernährung – also sehr analogen Themen – zu tun. Aber so wie wir heute mithilfe des Tablets raffinierte Vier-Gänge-Menüs kochen und mit dem Smartphone chinesische Vokabeln pauken, können wir uns mit der modernen Technik natürlich auch fit halten. Und wichtiger noch: Sie kann die Motivation als Grundvoraussetzung für aktive Prävention steigern.

Digitales BGM in der Praxis

Aber was heißt das nun alles konkret? Wie genau lässt sich das Betriebliche Gesundheitsmanagement digitalisieren? Im Prinzip basiert digitales BGM auf vier Säulen, die vielfältige Gesundheitslösungen beinhalten

Informations-SystemeKommunikations-SystemeHardwareSoftware & Apps
– Intranet
– Websites und Webportale
– Online-Datenbanken
– E-Learning und Webinare
– Online-Coaching und -Training




– Intranet
– Mailverteiler und Newsletter
– Messenger
– Social Media








– Messinstrumente im Rahmen des
Arbeitsschutzes (z. B. für Lärm,
Beleuchtungsstärke, Temperatur)
– Mobile Eingabegeräte wie Smartphones und Tablets
– Tragbare Sensoren in Wearables wie Schrittzählern,
Fitnesstrackern und Smartwatches
– Programme zur Erfassung, Verarbeitung und
Visualisierung von Daten (z. B. zur Durchführung
von Mitarbeitenden-befragungen)
– Desktop und mobil
– Online und offline


Gerade in einer technologisierten und vernetzten Arbeitswelt, in der Flexibilität vorausgesetzt wird, spielen digitale Gesundheitslösungen ihre Stärken aus. Richtig eingesetzt helfen sie dabei die Balance zwischen Arbeit, Familie und Freizeit zu wahren.

Die folgenden, beispielhaft aufgeführten Anwendungsbeispiel skizzieren, wie die soeben genannten Gesundheitslösungen konkret eingesetzt werden können, um proaktives BGM zu betreiben:

Bedürfnisermittlung durch Mitarbeitendenbefragung

Am erfolgreichsten sind die Maßnahmen, die unter Einbeziehung der Mitarbeitenden getroffen werden. Mithilfe einer Onlinebefragung kann effizient evaluiert werden, welche gesundheitlichen Probleme in der Belegschaft am weitesten verbreitet sind. Auf dieser Basis können zum Beispiel gezielte Maßnahmen zur Optimierung von Arbeitsplätzen und Arbeitsprozessen ergriffen werden. Neben dem Gesundheitszustand der gesamten Belegschaft lässt sich mit Befragungen auch der individuelle Gesundheitszustand einzelner Mitarbeiteden analysieren und dokumentieren. Denn gerade das digitale BGM bietet die Möglichkeit jedem Mitarbeitenden maßgeschneiderte Angebote zur Prävention zu unterbreiten.

Gesundheitskommunikation

Mobile Endgeräte wie Smartphones – über die heute nahezu jeder verfügt – garantieren, dass Informationen zu anstehenden BGM-Maßnahmen wirklich jeden Betroffenen erreichen (z. B. Terminankündigungen für den nächsten Rückenkurs). Die digitale Kommunikation ist damit weitaus effizienter als zum Beispiel das Aushängen von Informationen. Zumal digitale Kommunikationssysteme eine zielgerichtete Adressierung und spielend einfache Individualisierung ermöglichen. Außerdem können sie zur Motivation eingesetzt werden.

Gesundheitsbildung

Über Apps und Portale können den Mitarbeitenden Informationen zur Verfügung gestellt werden, die zur Gesundheitsbildung beitragen. Wissen kann abgefragt und individuell trainiert werden. Gamification sorgt dabei für eine spielerische Wissensaneignung und steigert die Motivation. Gleiches gilt auch für kleine Wettbewerbe zwischen Abteilungen: So können zum Beispiel die Punkte im Wissensquiz zusammengezählt und mit den anderen Teams verglichen werden. Die bestplatzierten Teilnehmer erhalten einen Preis, was zusätzlich motiviert. So wird ganz nebenbei auch Teambuilding betrieben.

Präventionsangebote

Über Apps und Plattformen werden den Mitarbeitenden gezielte Präventionsangebote zur Verfügung gestellt, die zeit- und ortsunabhängig absolviert werden können. Das können zum Beispiel Webinare zum Thema Ernährung oder Nikotinentwöhnung sowie Trainingsvideos sein, mit denen sich die eigene Fitness steigern lässt. Diese Angebote lassen sich sowohl während der Arbeitszeit als auch in der Freizeit nutzen. Neben allgemeinen Informationen können auch gezielte Schulungen und Trainingseinheiten zum Verhalten an bestimmten Arbeitsplätzen (z. B. lauten oder gefährlichen Anlagen und Maschinen) offeriert werden.

Stimmungsbarometer und Erfolgskontrolle

Um den Erfolg des Betrieblichen Gesundheitsmanagements zu messen und kontinuierlich zu steigern, bedarf es der Meinung der Mitarbeitenden, an die sich die Maßnahmen richten. Digitale Umfragen tragen dazu bei die Akzeptanz und den Erfolg einzelner Angebote zu überprüfen. Das stellt sicher, dass unbeliebte oder unwirksame Maßnahmen nicht jahrelang weiterlaufen, obwohl sie kaum genutzt werden oder gar keine Wirkung entfalten. So lässt sich das BGM-Budget bestmöglich einsetzen und ausnutzen.

Technische Infrastruktur und Datenschutz

Um ein digitales Betriebliches Gesundheitsmanagement zu integrieren, bedarf es der technischen Infrastruktur. Nur wenn die Mitarbeiter:innen Zugang zu Computern, Smartphones, Tablets und Co. haben, können sie die digitalen Angebote wahrnehmen. Auch eine leistungsstarke und stabile Internetverbindung ist in der Regel unverzichtbar.

Unternehmen können nicht voraussetzen, dass alle Mitarbeitenden bereit sind, ihre privaten Geräte für die betriebliche Gesundheitsförderung zu nutzen. Häufig besteht hierzu jedoch eine große Bereitschaft, sofern dies nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden ist und die Bedienung der Software einfach ist.

Ein weiteres wichtiges Thema ist der Datenschutz. Digitale Gesundheitslösungen machen es leicht Daten zu sammeln und zu verarbeiten. Das darf aber nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der Anwendenden erfolgen. Bei der Auswahl von Hard- und Software sollte penibel darauf geachtet werden, dass die hierzulande geltenden Datenschutzvorschriften eingehalten werden. Die Erfassung anonymisierter Daten ist weniger problematisch, aber auch hier muss sichergestellt werden, dass die Daten vor dem Zugriff Dritter ausreichend geschützt sind.

Digitales BGM wirkt auch im privaten Alltag

Abgesehen von den technischen und rechtlichen Herausforderungen, die das digitale BGM mit sich bringt, erleichtern digitale Gesundheitslösungen die erfolgreiche Etablierung betrieblicher Gesundheitsförderung spürbar. Vor allem in größeren Betrieben ist die technische Infrastruktur oft bereits vorhanden. Kleinere Betriebe können sich das Betriebliche Gesundheitsmanagement dank der digitalen Lösungen häufig überhaupt erst leisten.
Die Mitarbeiter:innen profitieren von der zeit- und ortsunabhängigen Möglichkeit aktiv etwas für ihre Gesundheit zu tun. Dabei entfaltet das digitale BGM seine Wirkung nicht nur im Betrieb, sondern überträgt sie in den privaten Lebensbereich der Mitarbeitenden. So wird Prävention im Alltag fest verankert und das Bewusstsein für gesundes Verhalten ganz grundsätzlich gesteigert. Das wiederum fördert auch die dauerhafte Integration und Akzeptanz des BGM im Arbeitsalltag.