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Digitales Lernen – Chancen und Risiken von E-Learning

Philipp Kochan

Last updated on 23. Juli 2021

Unternehmen sind immer nur so gut wie ihre Mitarbeiter:innen. Wer das begriffen hat, weiß wie wichtig es ist, die kontinuierliche Aus- und Weiterbildung im Rahmen der Personalentwicklung sicherzustellen. E-Learning erfreut sich dabei zunehmender Beliebtheit, weil es einige unschlagbare Vorteile mit sich bringt.

Die Bedeutung der Personalentwicklung hat sich mittlerweile in den meisten Unternehmen herumgesprochen. Nicht zuletzt der Fach- und Führungskräftemangel hat dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen Wert auf die interne Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden legen. Es ist eben nicht mehr so einfach wie früher Know-how und Erfahrung von außen in das Unternehmen zu holen.

Schulungen und Seminare sind zu großen Teilen wirkungsfrei

Die Art und Weise wie Weiterbildung praktiziert wird, erinnert allerdings mitunter an steinzeitliche Methoden. In den meisten Unternehmen pflegt die Personalabteilung einen starren Schulungsplan, der für verschiedene Abteilungen oder Positionen ein gewisses Weiterbildungskontingent vorsieht. Meist eine konkrete Anzahl an Schulungstagen im Jahr. Oft nur so viel, wie nötig sind, um bestimmte Normen und Vorgaben vom Gesetzgeber, Lieferanten oder anderen Anspruchsgruppen zu erfüllen.

Die Mitarbeitenden werden dann auf interne oder externe Schulungen oder Seminare geschickt. Hier wird sogenanntes Vorratslernen praktiziert, wie in der Schule. Doch das Vorratslernen wird dem Gedanken des „lebenslangen Lernens“ mit einem Wirkungsgrad von unter zehn Prozent in keinerlei Form gerecht. Oder anders ausgedrückt: Das meiste, was bei solchen Seminaren gelehrt wird, ist für die Arbeit des Einzelnen unrelevant und ein großer Teil vom Rest ist schnell wieder vergessen.

E-Learning kann Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen

Das E-Learning bietet eine Alternative zu klassischen Lernmethoden. Seit Beginn dieses Jahrhunderts nimmt die Verbreitung digitaler Lernangebote immer mehr an Fahrt auf und ist dabei eng an die technologische Entwicklung geknüpft. Je größer und ausgereifter das Angebot an Lernsoftware und Lernplattformen, desto praxistauglicher wird E-Learning für Unternehmen.

Definition: Was ist E-Learning?
E-Learning umfasst sämtliche Arten und Formen des Lernens, bei denen elektronische bzw. digitale Medien für die Distribution, die Präsentation und den Konsum von Lerninhalten zum Einsatz kommen. Darunter fallen zum Beispiel softwarebasierte Lernplattformen und Apps, Online-Lehrgänge, virtuelle Klassenzimmer und Webinare.
Jede Variante besitzt die vier zentralen Merkmale des E-Learnings:
Interaktivität: Existenz mehrerer Steuerungs- und Eingriffsmöglichkeiten
Multimedialität: Nutzung verschiedener Medien (E-Books, Audioinhalte, Videoinhalte, etc.), durch die Wissen akquiriert werden kann
Multimodalität: Ansprache verschiedener Sinnesorgane, konkret Hör- und Sehsinn
Multicodalität: Integration diverser, medienabhängiger Informationscodierungen (Animationen und Simulationen, Bilder, Texte, Hyperlinks, etc.)

Der ständige Zuwachs an Wissen steigert den Druck auf die Personalentwicklung. Um in einer von Globalisierung, Digitalisierung und Technologisierung geprägten Welt nicht den Anschluss zu verlieren und wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Mitarbeitenden neue Formen der Weiterbildung geboten werden. Denn gelegentliche Seminare sind weder ausreichend noch zielführend.

E-Learning fördert Selbstbestimmung und Selbstorganisation

E-Learning ermöglicht es Unternehmen das Lernen in die Organisation zu holen und in den Arbeitsalltag zu integrieren. So können Mitarbeiter:innen unter Zuhilfenahme verschiedener Medien selbstbestimmt und selbstorganisiert lernen. Das steigert nicht nur die Lernmotivation, sondern ist auch Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Kompetenzen. Und gerade die Kompetenzen sind es, die in einer disruptiven und dynamischen Arbeitswelt wichtiger den je sind. Denn erst Kompetenzen ermöglichen es Mitarbeitenden auch in neuen, unvorhersehbaren und unüberschaubaren Situationen zielorientiert zu handeln. Situationen, wie wir sie in Zukunft immer öfter erleben werden.

Die Corona-Krise war eine solche Situation, wenngleich ein Extrembeispiel. Aber sie hat uns gezeigt, wie sich ein Virus in einer global-vernetzten Welt innerhalb kürzester Zeit ausbreitet und drastischen Einfluss auf das Gesellschafts- und Wirtschaftsleben nimmt. In dieser Zeit, in der Präsenzveranstaltungen unmöglich waren, hat das E-Learning einen Boom erlebt. Statt die Mitarbeiter:innen Däumchen drehen zu lassen, konnten Unternehmen in ihre Bildung investieren, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

E-Learning benötigt finanzielle, technische und zeitliche Ressourcen

Noch viel wichtiger aber ist es den Arbeitnehmenden im Arbeitsalltag Freiräume zu gewähren, in denen sie die E-Learning-Angebote, die das Unternehmen bereitstellt, effizient nutzen können. Es ergibt keinen Sinn, den Mitarbeitenden eine Lernplattform anzubieten, deren Anwendung im stressigen Alltag viel zu kurz kommt.

Es liegt im ureigenen Interesse des Unternehmens, dass die Mitarbeiter:innen ihren Wissensschatz erweitern und Kompetenzen entwickeln. Dafür braucht es Zeit, in der die Mitarbeiter:innen von ihren stellenbezogenen Aufgaben und Tätigkeiten entbunden werden, um sich ganz gezielt auf das E-Learning konzentrieren zu können.

Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden genau das bieten, sind Profiteure auf vielfache Art und Weise. Sie müssen zwar zunächst eine technische Infrastruktur schaffen, die digitales Lernen ermöglicht, haben aber dann die Chance kluge Köpfe langfristig zu binden und neue Talente zu fördern. Das verschafft ein wenig Unabhängigkeit vom Arbeitsmarkt und sichert den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Gleichzeitig lassen sich durch E-Learning Fehlzeiten minimieren und Kosten sparen.

Die Vorteile von E-Learning

E-Learning ist flexibel

Statt Mitarbeitende für Schulungen und Seminare tagelang freizustellen, findet E-Learning zeitlich und örtlich unabhängig statt. Es kann also dann praktiziert werden, wenn Zeit dafür ist oder gerade eine entsprechende Herausforderung ansteht. Flexibilität besteht auch hinsichtlich der Lehrinhalte: Unternehmen können entweder auf vorhandene Inhalte zurückgreifen oder eigene, perfekt auf den Betrieb zugeschnittene Lerninhalte entwickeln und in eine Lernsoftware integrieren.

E-Learning ist kostengünstig

Während Präsenzveranstaltungen häufig einen vierstelligen Betrag pro Tag kosten und auch noch Reise- und Übernachtungskosten hinzukommen, sind E-Learning-Plattformen verhältnismäßig günstig.

E-Learning ist selbstbestimmt

Mitarbeitende können sich gezielt das aneignen, was für ihre Arbeit wirklich von Relevanz ist und was sie am meisten weiterbringt. Seminare hingegen bieten nur einen oberflächlichen Querschnitt, der allen Teilnehmern irgendwie gerecht werden muss. Außerdem können Mitarbeiter:innen dank E-Learning im eigenen Tempo lernen und Lerninhalte so oft wiederholen, bis sie verinnerlicht sind. Selbstbestimmung steigert die Lernmotivation!

E-Learning bietet standardisierte Qualität

Während Lehrgänge mit der fachlichen sowie didaktischen Qualität des Referenten stehen und fallen, bieten E-Learning-Angebote für jeden Teilnehmenden immer die gleiche, standardisierte Qualität.

E-Learning bietet Mehrsprachigkeit

Vor allem Unternehmen mit mehreren Standorten im In- und Ausland profitieren davon, dass viele E-Learning-Angebote in mehreren Sprachen zur Verfügung stehen und somit grenz- und standortübergreifend von allen Mitarbeitenden genutzt werden können.

Die Nachteile von E-Learning

E-Learning bedarf einer Strategie und geeigneter Plattform

E-Learning ist sehr variantenreich. Es bedarf deshalb unbedingt einer Strategie aus der hervorgeht, welche Lernziele sich mit welchen E-Learning-Angeboten am besten realisieren lassen. Außerdem ist eine Software oder Plattform, die sowohl die technischen als auch die didaktischen Voraussetzungen erfüllt, unerlässlich. Beides gleich gut zu bedienen gelingt nur wenigen Anbietern. E-Learning ist also kein Selbstläufer, sondern erfordert Engagement und Planung.

E-Learning erfordert technische Ressourcen

Damit E-Learning effizienten praktiziert werden kann, braucht es eine ausgereifte Software oder Plattform, die auf entsprechend leistungsfähigen Endgeräten ausgeführt werden kann. Soll es dem Personal zum Beispiel ermöglicht werden, damit auch außerhalb der Arbeitszeiten zu lernen, müssen ihm entsprechende Geräte zur Verfügung gestellt werden. Auch die Bandbreite des Internets muss ausreichend hoch sein, um eine reibungslose Nutzung zu gewährleisten.

E-Learning erfordert Selbstdisziplin

Eigenverantwortlich zu lernen hat viele Vorteile, setzt aber auch voraus, dass jeder die notwendige Selbstdisziplin mitbringt. Denn anders als bei Seminaren gibt es meist keinen Pflichttermin, an dem Mitarbeitende teilnehmen müssen. Dieses Problem kann umgangen werden, indem feste E-Learning-Zeiten vereinbart werden, die wie jeder andere Termin auch behandelt werden.

E-Learning bietet mehr Chancen als Risiken

Organisationen, die das Thema E-Learning strategisch angehen, können viele Nachteile der bisherigen Weiterbildungsmentalität eliminieren und von den Vorteilen des digitalen Lernens profitieren. Dabei muss man sich keineswegs für das eine und gegen das andere entscheiden. E-Learning lässt sich wunderbar mit Präsenzveranstaltungen kombinieren.

Und E-Learning bedeutet nicht zwangsläufig, nur noch mit dem Computer zu interagieren. Live-Schulungen und -Seminare lasse sich auch digital durchführen. Das beweist jedoch auch, dass E-Learning allein noch keine Garantie für die Verbesserung der Weiterbildungsqualität ist.