Last updated on 23. Juli 2021
Wer heute qualifiziertes Personal für sein Unternehmen rekrutieren möchte, der kann sich nicht mehr zurücklehnen und auf Bewerbungen warten. Der Arbeitgebermarkt erfordert aktives Handeln. Genau das wird mit Active Sourcing praktiziert. Wir erklären dir, was darunter zu verstehen ist und welche Methoden es gibt, um Kanidat:innen gezielt aufzuspüren und zu kontaktieren.
Die Zeiten, in denen eine Stellenanzeige genügte, um einen Berg von Bewerbungen zu erhalten, sind vorbei. Ganz gleich, ob man diese Art der Personalbeschaffung offline oder online praktiziert. Post and Pray ist der sichere Weg in den langfristigen und existenzbedrohenden Personalmangel.
Die Personalgewinnung gehört längst zu den strategischen Herausforderungen für das gesamte Human Resource Management. Das sehen laut Global-Human-Capital-Trendstudie auch 77 Prozent der deutschen Personalverantwortlichen so. Sie stufen die Gewinnung von Talenten als wichtig oder sogar sehr wichtig für ihr Unternehmen ein.
Offensiver Recruiting-Ansatz steigert Effektivität
Recruiter sind im „War of Talents“ gezwungen in die Offensive zu gehen und quasi selbst zu Headhuntern zu werden. Genau das passiert beim Active Sourcing. Die Strategie verfolgt das Ziel das Recruiting effektiver und gleichzeitig erfolgreicher zu gestalten, weshalb gelegentlich auch von Effective Sourcing die Rede ist. Active Resourcing funktioniert besonders gut bei der Rekrutierung von hochspezialisierten Fachkräften, erfahrenen Führungskräften, jungen Talenten und High Potentials.
Was ist Active Sourcing? Unter Active Sourcing werden alle Maßnahmen der Personalbeschaffung verstanden, bei denen Unternehmen aktiv versucht potenzielle Jobanwärter:innen zu identifizieren und zu kontaktieren. Deshalb kann Active Sourcing als „aktive Personalbeschaffung“ übersetzt werden. Außerdem spielt der Aufbau der Beziehung eine entscheidende Rolle, da nicht jede:r potenzielle Anwärter:in gleich den Arbeitsplatz wechseln möchte. |
Active Sourcing ist kein Synonym für Social Media Recruiting, auch wenn dieses zumindest in Teilen Bestandteil ist. Vielmehr kann Active Sourcing sowohl offline als auch online sowie extern als auch intern stattfinden.
Nur professionelles Active Sourcing entfaltet seine Vorteile
Den Prozess der Personalgewinnung einfach umzudrehen und von der passiven in die aktive Rolle zu schlüpfen, klingt leichter als es tatsächlich ist. Nur bei einem strategisch-strukturierten Vorgang stellen sich die Vorteile des Active Sourcing ein. Wird es hingegen wahllos und unprofessionell angewendet, kann es dem Unternehmen mehr schaden als nützen.
Vorteile von Active Sourcing | Nachteile von Active Sourcing |
– bietet vielfältige Kanäle zur Identifizierung und Ansprache von Kandidat:innen – kann die Stellenbesetzung bei gut gefülltem Talent Pool deutlich beschleunigen – langfristig günstiger als klassische Stellenanzeigen, weil der Streuverlust geringer ist – auch passive Anwärter:innen können erreicht werden – Kandidat:innen können persönlich und maßgeschneidert angesprochen werden – trägt bei richtiger Anwendung zum Personal Branding bei | – erfordert Grundwissen und Erfahrung – ist vor allem während der Aufbauphase des Talent Pool zeitaufwendig – Unprofessionalität schreckt Kandidat:innen ab und kann das Image schädigen – kann bei unsystematischer Anwendung zum Ressourcenfresser werden und somit den Kostenvorteil eliminiere |
Die 3 Phasen des Active Sourcing
Planvolles Active Sourcing lässt sich in drei Phasen einteilen:
1. Gezielte Talentsuche
Abhängig vom Stellenprofil müssen im ersten Schritt geeignete Kandidat:innen identifiziert werden. Wo genau man diese findet, erfährst du weiter unten.
2. Individuelle Talentansprache
Die Ansprache potenzieller Anwärter:innen ist möglicherweise der heikelste Punkt im Active Sourcing, da begehrte Fachkräfte und Talente mittlerweile massenhaft Angebote bekommen. Die Kandidat:innenansprache bedarf deshalb Kommunikations- und Verhandlungsgeschick und sollte maximal individuell und persönlich erfolgen. Hier gilt es einen Ton zu finden, der aus der Masse hervorsticht sowie Interesse und Vertrauen weckt.
3. Kontinuierliche Beziehungspflege
Obwohl erst diese Phase das volle Potenzial des Active Sourcing ausspielt, belassen es viel Unternehmen bei der Kontaktaufnahme. Dabei sind die wenigsten Personen, die von Recruitern angeschrieben werden, auf akuter Jobsuche. Ganz im Gegenteil: Sie werden mittlerweile mit allen Mitteln von ihren Unternehmen gehalten. Erst der Beziehungsaufbau erzeugt Bindung die verhindert, dass Talente in der heißen Recruiting-Phase zu Wettbewerbern abwandern.
Kanäle und Methoden für erfolgreiches Active Sourcing
Um Active Sourcing zu betreiben, gibt es verschiedene Kanäle und Methoden. Die wichtigsten werden folgende kurz erläutert:
Profile Mining
Profile Mining ist die bekannteste Methode und für die meisten Recruiter der Start in die aktive Personalbeschaffung. Manche betreiben auf diese Weise bereits Active Sourcing, ohne sich dessen bewusst zu sein. Anlaufstelle für das Profile Mining sind Business-Netzwerke wie Xing und LinkedIn. Sie haben sich voll und ganz auf Karriere fokussiert, weshalb es hier am einfachsten ist potenzielle Mitarbeiter:innen zu finden.
Mitglieder geben in ihren Profilen eine Vielzahl persönlicher Informationen zu ihren Qualifikationen, Kompetenzen, Erfahrungen und Lebensumständen preis. Recruiter erschließen sich diese Informationsquelle und suchen gezielt nach Profilen, die ihren Anforderungen entsprechen.
Diese Methode klingt einfach, hat aber ihre Tücken. Wer Profile Mining betreibt, sollte gute Kenntnisse über die Funktionsweise der semantischen Algorithmen der sozialen Netzwerke besitzen. Denn diese passen ihre Ergebnisse individuell an das Suchverhalten jedes Einzelnen an, was dazu führen kann, dass vielversprechende Talente aus dem Raster fallen. Deshalb sollte die Suchmethodik regelmäßig gewechselt werden.
Unser Tipp: Mache dich mit der Booleschen Suche vertraut, die es dir durch den Einsatz von Operatoren ermöglicht relevantere Suchergebnisse zu erhalten.
Open Web Search
Was in sozialen Netzwerken geht, das geht natürlich auch in der klassischen Websuche. Allerdings ist „Googeln“ nach potenziellen Mitarbeitenden deutlich mühseliger und ineffizienter. Bei den Karriereportalen werden die persönlichen Informationen gebündelt auf einem Profil veröffentlicht. Auf klassischen Websites tun das die Wenigsten.
Dennoch kann die Open Web Search erfolgsversprechend sein, wenn die Google-Suche beherrscht wird. Immerhin finden sich auf persönlichen Websites sowie universitären und institutionellen Internetangeboten dann doch mehr Lebensläufe und Mitarbeitendenbeschreibungen, also man so vermutet. Und da hier nur wenige gezielt nach neuen Arbeitnehmenden suchen, sind die Erfolgsaussichten bei einer persönlichen Ansprache weitaus höher als auf den sozialen Netzwerken, wo bei den Mitgliedern beinahe täglich entsprechende Nachrichten eintrudeln.
CV Databases
Sich finden lassen, statt zu suchen – das ist die Devise von Lebenslaufdatenbanken. Sie sind häufig Bestandteil von Jobbörsen, weil die Plattformen den Kunden – spricht Unternehmen – damit eine höhere Erfolgsaussicht versprechen können. Im Prinzip funktioniert die Suche nach Fachkräften und Talenten hier ähnlich wie bei den Business Networks. Allerdings mit dem großen Vorteil, dass die Arbeitnehmenden, die hier vertreten sind, auch tatsächlich auf Jobsuche oder zumindest wechselwillig sind. Sie erhoffen sich Angebote von Unternehmen und nehmen diese folglich dankbar an.
Referral Sourcing
Referral Sourcing ist die neudeutsche Bezeichnung für Empfehlungs-Recruiting. Dabei gibt es verschiedene Ansätze. Viele Unternehmen bezahlen ihren Mitarbeitenden Prämien, wenn sie einen geeigneten Kandidaten für eine offene Stelle empfehlen, der dann auch eingestellt wird.
Über die digitalen Business-Netzwerke ist Referral Sourcing sogar automatisiert möglich. Der sogenannte EmpfehlungsManager von Xing zum Beispiel importiert die Stellenanzeigen und gleicht sie mit dem Netzwerk der Mitarbeitenden ab. So lässt sich schnell herausfinden, welche Mitarbeiter:innen passende Talente kennen.
Diese Mitarbeiter:innen können ins Active Sourcing eingebunden werden. Laut Xing werden 40 Prozent der Empfehlungen aufgrund ihrer hohen Qualität eingestellt. Firstbird und Softgarden sind weitere Anbieter für digitale Empfehlungslösungen im Recruiting.
Aus dem Talent Pool schöpfen
Egal über welchen Kanal es gelingt Kontakte zu potenziellen Kandidaten zu knüpfen – diese in einem Talent Pool festzuhalten ist elementar. Denn erst das ermöglicht die kontinuierliche Ansprache und somit den Aufbau einer nachhaltigen Beziehung. Und dieser Pool macht aus der insgesamt eher langfristig angelegten Strategie der Personalbeschaffung eine schnelle Lösung. Denn ein gut gefüllter Pool hilft dabei auch bei akutem Personalnotstand zeitnah neue Mitarbeitende zu finden. Das gelingt kaum, wenn erst bei Eintritt der Vakanz mit der Kandidatensuche begonnen wird.
Der Talent Pool ist nichts anderes als eine Datenbank, in der alle relevanten Informationen zu den potenziellen Kandidaten gesammelt werden und auf die jederzeit zugegriffen werden kann. Zum Füllen sollten nicht nur die bereits genannten Methoden genutzt werden. Auch die Daten vergangener oder abgelehnter Bewerber:innen gehören hier hinein.
Ähnlich einem Alumni-Netzwerk sollten auch ehemaligen Mitarbeiter:innen erfasst bleiben. Das gilt im Besonderen für Praktikant:innen und Werkstudent:innen, die nach ihrer Ausbildung extrem wertvoll sind. Nicht zuletzt deshalb, weil bereits eine intensive Beziehung und im besten Fall eine gewisse Loyalität besteht.
Active Sourcing ist aufwendig, aber lohnenswert
Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, führt in der Personalbeschaffung heute kein Weg mehr am Active Sourcing vorbei. Allerdings bedarf es einiges an Wissen, um diese Recruiting-Strategie wirklich effizient für sich zu nutzen. Unternehmen müssen wissen, wo sich ihre Zielgruppe aufhält, wie man passende Talente methodisch identifiziert und mit ihnen gekonnt kommuniziert.
Es bedarf einen langen Atem bis ein Talent Pool mit gewissem Umfang aufgebaut ist. Dann aber können offene Stellen meist schneller und kostengünstiger besetzt werden als über die klassischen und eher passiven Wege des Recruiting. Bei allen Schritten gilt es stets auf die Candidate Experience zu achten und das Active Sourcing mit dem Employer Branding zu verknüpfen.